Kredit für Insolvente: Kredit trotz Insolvenz?

       

Mal ganz abgesehen davon, dass kaum eine Bank bereit sein dürfte, einen Kredit für Insolvente zu gewähren, ist ein neues Darlehen während der im Verbraucherinsolvenzverfahren vorgeschriebenen Wohlverhaltensphase auch äußerst riskant. In jedem Fall muss die Kreditaufnahme mit dem zuständigen Treuhänder und dem Insolvenzgericht abgestimmt sein, sonst gefährdet der Insolvenzschuldner eine bereits laufende Restschuldbefreiung.

Knappe Kasse ist keine Insolvenz

Zunächst gilt es aber, Klarheit in die vielfältigen Begriffe rund um das Thema Insolvenz zu bringen. Nur weil schon vor dem Monatsende kein Geld mehr da ist, kann man noch nicht von einer Insolvenz reden. Daran ändern auch laufende Mahnverfahren oder sogar eine Zwangsvollstreckung nichts. Wenn Kreditvermittler mit einem Kredit für Insolvente werben, sind meist solche umgangssprachlichen „Insolvenzen“ gemeint – jemand ist einfach pleite und braucht frisches Geld. Für solche Fälle findet sich in aller Regel auch ein Kreditgeber, wenn nicht im Bankensektor, dann vielleicht von privat. Dazu später mehr. Ein richtiges Verbraucherinsolvenzverfahren muss dagegen bei Gericht beantragt werden. Eine gesetzliche Grundlage dafür gibt es seit 1999, als das neue Insolvenzrecht die bis dahin gültige Konkursordnung ablöste. Ein Kritikpunkt der alten Regelung war, dass juristische Personen, also zum Beispiel eine GmbH oder Aktiengesellschaft, durch eine Insolvenz wieder bei Null anfangen können, während natürliche Personen ihr ganzes Leben lang auf alten Schulden sitzenbleiben. Mit dem Verbraucherinsolvenzverfahren haben jetzt auch Privatleute die Chance auf eine Restschuldbefreiung. Scheitert eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern, ist das Insolvenzgericht am Zug.

Sechs Jahre am Existenzminimum leben

Die gerichtliche Schuldenregulierung, im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Privatinsolvenz bezeichnet, sieht eine Wohlverhaltensperiode von in der Regel sechs Jahren vor. Eine Verkürzung auf fünf oder drei Jahre ist möglich. Danach können Schulden erlassen werden. Davor liegt aber eine harte Zeit, denn Privatinsolvenz bedeutet, mit dem nicht pfändbaren Teil des Einkommens auskommen zu müssen. Was darüber liegt, wird an einen Treuhänder überwiesen, der die Verfahrenskosten begleicht und das restliche Geld an die Gläubiger verteilt. Neue Schulden passen da nicht ins Bild, zumal sie wohl kaum von dem Einkommen unter der Pfändungsfreigrenze getilgt werden können.

Privatanleger entscheiden aus dem Bauch heraus

Private Geldgeber haben kein größeres Herz als die Banken, aber sie sind in ihren Entscheidungen über eine Kreditgewährung frei. Auf der Suche nach einer Geldanlage mit höherer Rendite als sicheres Festgeld gehen sie auch Risiken ein. Wird ein Kredit für Insolvente – nicht im Sinne des Gesetzes, aber halt für Menschen in Geldnot – benötigt, sind entsprechende Vermittlungsplattformen im Internet eine brauchbare und seriöse Alternative zum Bankensystem. Der Geldverleih unter Freunden wird online auf einander unbekannte Personen ausgeweitet. Schnäppchen gibt es hier wegen der Rendite-Orientierung nicht, die Kreditaufnahme sollte also gut überlegt sein. Aber immerhin ist es eine Chance.


Marcel Ziegler

Als ehemaliger Finanz- und Honorarberater habe ich jahrelang direkt mit Privatkunden gearbeitet und weiß daher aus eigener Erfahrung, welche Fehler Menschen beim Umgang mit Geld machen. Ich kenne die Fallstricke von Bank- und Versicherungsprodukten und habe es mir zur Aufgabe gemacht, das Thema Finanzen so zu erklären, dass es wirklich jeder versteht.


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